C h i n a N e w s #15
ChangChun, den 24.01.2003

(Ein Link zu den Ausgaben 1 bis 14 befindet sich am Ende des Dokumentes)


(Drucker freundliche Version)


Seit meiner Rückkehr aus Harbin nutzte ich die verbleibenden Tage in ChangChun um euch noch mal mit einer aktuellen Ausgabe der ChinaNews zu versorgen, bevor ich morgen meinen vierwöchigen Urlaub mit meiner Freundin „antrete“. Die nächste Ausgabe wird also erst ein Mal auf sich warten lassen bis die Schule wieder angefangen hat. Und dann wird es vermutlich auch nur für eine bis maximal zwei Ausgaben reichen, da ich ja schon Anfang März zurück muß...

Aber jetzt erst ein Mal wieder viel Spaß bei der 15 Ausgabe der ChinaNews.


Daniel


Chinas Städtepolitik und
Moderniesierungsmaßnahmen



Der Kühlschrank Chinas oder:
Augen auf beim Fahrkartenkauf!


Neben diesen aktuellen Themen gibt es natürlich wieder die bekannten Rubriken:




Chinesisch für Jedermann

Kochen wie Gott in China

Der Mitarbeiter der Woche

Aktueller ChangChun Wetterbericht

Das Fundstück der Woche

Der Lehrplan der vergangen Woche

(fällt wegen Ferien aus)

Der Leserbrief der Woche





Chinas Städtepolitik und
Moderniesierungsmaßnahmen


Ende 2000 gab es in China 663 Städte, darunter 13 Städte, die mehr als zwei Millionen Einwohner haben, 27 Städte mit bis zu zwei Millionen Einwohnern, 53 Städte, deren Bevölkerungszahl zwischen 500 000 und einer Million liegt, 218 Städte, die 200 000 bis 500 000 Einwohner zählen, und 352 Städte, die von weniger als 200 000 Menschen bewohnt werden. Unter diesen Städten gibt es Industriestädte, die sich mit dem Bau staatlicher Schwerpunktprojekte entwickelten, Hafenstädte, die über günstige Bedingungen für die Öffnung nach außen verfügen, und Städte, die durch ihre Geschichte und Kultur berühmt sind.

Bei der Stadtplanung praktiziert China die Richtlinien, den Umfang der Großstädte streng zu kontrollieren, die Mittelgroßstädte rationell zu entwickeln und den Aufbau der kleinen Städte aktiv voranzutreiben.Dadurch erfahren die mittelgroßen Städte mit weniger als 500 000 Einwohnern und die kleinen Städte mit weniger als 200 000 Einwohnern seit den 80er Jahren eine schnelle Entwicklung. Für Großstädte mit mehr als einer Million Einwohnern hat man planmäßig und schwerpunktmäßig Satelittenstädte in ihrer Umgebung entwickelt.



Beijing
Beijing (Peking) ist die Hauptstadt der Volksrepublik China. Als eine der regierungsunmittelbaren Städte mit 7,61 Millionen Stadteinwohnern ist sie nicht nur das politische Zentrum, sondern auch das Zentrum der Kultur, der Wissenschaft und der Erziehung sowie ein Verkehrsknotenpunkt des Landes.Beijing befindet sich am nördlichen Rand der Nordchinesischen Ebene. Westlich, nördlich und östlich ist Beijing von Gebirgsketten umgeben, in seinem südöstlichen Teil dehnt sich ein flaches Tiefland aus.

Von 1115 bis 1911 war Beijing nacheinander Hauptstadt der Dynastien Jin, Yuan, Ming und Qing, so dass hier die Essenz der chinesischen Kultur gesammelt und wertvolle historische Zeugnisse hinterlassen wurden. Dazu zählen das als das Symbol von China betrachtete Tiananmen-Tor und der als der größte Platz der Welt bekannte Tiananmen-Platz, der weltweit größte und in gutem Zustand erhaltene antike Baukomplex die „Verbotene Stadt“, und die als eines der sieben Weltwunder bezeichnete Große Mauer.



Shanghai
Shanghei ebenfalls eine regierungsunmittelbare Stadt, ist die größte Stadt Chinas und hat 9,86 Millionen Stadteinwohner. Sie befindet sich im mittleren Abschnitt der Küstenlinie Chinas an der Mündung des Yangtse in einer geographisch vorzüglichen Lage. Als umfassend entwickelte Industriebasis und Hafenstadt nimmt Shanghai einen entscheidenden Stellenwert in der chinesischen Volkswirtschaft ein. Wichtigste Industriezweige sind die Metall-, Maschinenbau-, Schiffbau-, Chemie-, Elektronik-, Messgeräte- und Instrumentenbau- sowie Leicht- und Textilindustrie. Der Handel, das Finanzwesen und der Hochseetransport sind ebenfalls von großer Bedeutung. Gegenwärtig wird die Neue Zone Pudong, die durch den Fluss Huangpu getrennt gegenüber dem alten Stadtviertel von Shanghai liegt, energisch erschlossen und aufgebaut.Die Erschließung und Öffnung der Neuen Zone Pudong haben zum allgemeinen Ziel, Pudong innerhalb einiger Jahrzehnte zu einer weltweit erstklassigen Zone aufzubauen, die nach außen orientiert, multifunktional und modern ist, und den Grundstein dafür zu legen, dass Shanghai zu einem Zentrum der internationalen Wirtschaft und des internationalen Finanzwesens und Handels wird.

Chongqing
Chongqing (nicht zu verwechseln mit Changchun) ist mit 6,61 Millionen Stadteinwohnern das größte Industrie- und Handelszentrum in Südwestchina und der Wasser- und Landverkehrsknotenpunkt im Einzugsgebiet des Oberlaufs des Yangtse.Diese regierungsunmittelbare Stadt ist eine vielseitige Industriestadt, in der Eisen- und Stahl-, Chemie-, Strom-, Automobil-, Maschi-nenbau-, Schiffbau-, Baustoff-, Textil-, Lebensmittel- und pharmazeutische Industrie gut entwickelt sind.


Die Modernisierung der Städte Chinas



Wenn Sie Chinesen fragen, welche Stadt Chinas ihrer Meinung nach sich in diesen Jahren am schnellsten entwickelt, dann werden die meisten Shanghai oder Shenzhen sagen. Diese beiden Städte sind tatsächlich zum Synonym für moderne Städte in China geworden. Sie gehen in großen Schritten voran und sind inzwischen internaitonale Metropolen.

Shanghai ist eine Küstenstadt in Ostchina und inzwischen die größte Industriestadt und das Finanzzentrum des Landes. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts war Shanghai der wichtigste Investitionsstandort in China. Aus jener Zeit stammen viele Gebäude im westlichen Stil in Shanghai. Seit Beginn der Reform und Öffnung Chinas, insbesondere in den letzten reichlich 10 Jahren, hat sich Shanghai geradezu stürmisch entwickelt. Jeden Tag sind durchschnittlich 200 Mio. Yuan in Infrastruktur und Wohnungsbau in Shanghai geflossen. Mit derartig riesigen Investitionen begann ein städtebaulicher Boom. Nimmt man heute einen Stadtplan von Shanghai aus den frühen 90er Jahren zur hand, dann hilft der einem nicht mehr viel, denn allzu vieles hat sich verändert. Einen besseren Überblick hat da vom höchsten Gebäude Chinas in Shanghais Finanz- und Handelszentrum Lujiazui, dem 420-Meter-hohen Jinmao-Turm, dem dritthöchsten Gebäude der Welt.



Da sieht man nämlich, dass bis auf ein paar vorsorglich erhaltenen älteren Wohn- und Geschäftsgebäude keine Spuren aus der Zeit vor 10 Jahren mehr zu finden sind.

Der Vizeleiter des Shanghaier Verwaltungsbüros für Stadtplanung, Tang Zhiping, ist zufrieden mit der Entwicklung Shanghais in den letzten 10 Jahren. Er sagte:„Seit den 90er Jahren hat der Städtebau in Shanghai große Fortschritte gemacht. Nehmen wir nur mal die Infrastruktur der Stadt als Beispiel, die sich beträchtlich verbessert hat. So sind die hartnäckigen Probleme, die seit langem die Entwicklung der Stadt störten, bewältigt worden. Früher konnte den Stadtbewohnern die Wasser- und Stromversorgung zu Spitzenzeiten des Energieverbrauchs im Sommer nicht garantiert werden. Heutzutage gibt es Überschüsse an Wasser, Strom und Gas. Die Veränderungen in Verkehrswesen sind noch größer. Viele Shanghaier erinnern sich noch an das Gedrängel in den Bussen. Inzwischen haben wir einen Außen- und einen inneren Stadtautobahnring sowie eine U-Bahn und eine Hochbahn gebaut, und das entspannte die Verkehrsstaus sehr.“ Zur Zeit wird dort auch die Magnetschwebebahn Transrapid als erste dieser Art in China gebaut.



Auch die Telekommunikation in Shanghai entwickelte sich stürmisch. Gegenwärtig kommen auf 100 Shanghaier 95 Festnetz- und 48 Mobiltelefone. Diese Zahl ist ein Spitzenwert in China. Und inzwischen haben auch normale Haushalte einen Breitband-Internetanschluss.

In diesen Jahren hat die Shanghaier Stadtverwaltung zudem viel Geld für die Umwelt ausgegeben. Zahlreiche Grünanlagen entstanden. Bis zum Jahresende sollen auf jeden Shanghaier 7 qm Gründfläche kommen. Vor 50 Jahren war es 0,1 qm....



Im Vergleich zu Shanghai ist Shenzhen eine neue Stadt. Die gerade erst 2 jahrzehnte alte Stadt Shenzhen wurde einmal als Stadt bezeichnet, die über Nacht aus dem Boden geschossen ist.

Shenzhen liegt in der südchinesischen Provinz Guangdong und grenzt unmittelbar an Hongkong. In dieser besonderen Lage spielte die Stadt Shenzhen von Anfang an eine wichtige Rolle in der Reform und Öffnung Chinas. 1980 beschloss die chinesische Regierung, in Shenzhen probeweise eine Sonderwirtschaftszone einzurichten. Dort wurden sozusagen als Test für die Reform und Öffnung Erfahrungen der Wirtschaftsentwicklung in Hongkong übernommen. Die Stadt Shenzhen entwickelte sich aus einem Fischerdorf auf einer Fläche von nur 2 qkm. Die später berühmt gewordene Industriezone Shekou war damals noch ein von Unkraut überwuchertes und verwildertes Ödland. Die Zentralregierung stellte für die Industriezone Shekou kein Finanzmittel zur Verfügung, erklärte das Gebiet für fünf Jahre zur steuerfreien Oase. Die Investoren standen Schlange, und nach nur einem Jahr gab es die ersten Betriebe in Shekou. Der Aufschwung dort sorgre für Aufschwung in Shenzhen. So wurde aus einer kleinen Landgemeinde in Südchina mit 20.000 Einwohnern und einer 100 Meter langen Dorfstrasse eine Stadt mit einem dichten Straßennetz, mit Grünanlagen und Hochhäusern – und die Bevölkerung wuchs auf über 7 Millionen.



Der Vizeleiter des Shenzhener Amtes für Stadtplanung und staatlichen Grundbesitz, Wang Peng: „Shenzhen ist eine aus dem Nichts heraus gewachsene Stadt - ganz anders als Beijing oder Shanghai. Shenzhen entwickelte sich parallel mit der Reform und Öffnung Chinas. Trotz der kurzen Entwicklungsgeschichte von 22 Jahren besitzt Shenzhen inzwischen alle Voraussetzungen einer internationalen Stadt.“

Städtebaulich wurde in Shenzhen von Anfang an die Harmonie zwischen Menschen und Natur besonders berücksichtigt. Zwischen vielen Vierteln und schönen Garten können die Einwohner in Shenzhen zu Fuß gehen, kaum ein Weg ist länger als 20 Minuten. Shenzhen wurde deshalb im Jahr 2000 von einer internationalen Jury als Gartenstadt ausgezeichnet.


Provinz

Hauptstadt Fläche
(in 10 000 qkm)
Bevölkerungszahl
Ende 2001 (in Mio.)

Stadt Beijing Beijing 1,68 13,83
Stadt Tianjin Tianjin 1,13 10,04
Provinz Hebei Shijiazhuang 19,00 66,99
Provinz Shanxi Taiyuan 15,60 32,72
Aut. Gebiet Innere Mongolei Hohhot 118,30 23,77
Provinz Liaoning Shenyang 14,57 41,94
Provinz Jilin Changchun 18,70 26,91
Provinz Heilongjiang Harbin 46,90 38,11
Stadt Shanghai Shanghai 0,62 16,14
Provinz Jiangsu Nanjing 10,26 73,55
Times Hangzhou 10,18 46,13
Provinz Anhui Hefei 13,90 63,28
Provinz Fujian Fuzhou 12,00 34,40
Provinz Jiangxi Nanchang 16,66 41,86
Provinz Shandong Jinan 15,30 90,41
Provinz Henan Zhengzhou 16,70 95,55
Provinz Hubei Wuhan 18,74 59,75
Provinz Hunan Changsha 21,00 65,96
Provinz Guangdong Guangzhou 18,60 77,83
Aut. Gebiet Guangxi der Zhuang-Nat. Nanning 23,63 47,88
Provinz Hainan Haikou 3,40 7,96
Stadt Chongqing Chongqing 8,20 30,97
Provinz Sichuan Chengdu 48,80 86,40
Provinz Guizhou Guiyang 17,00 37,99
Provinz Yunnan Kunming 39,40 42,87
Aut. Gebiet Tibet Lhasa 122,00 2,63
Provinz Shaanxi Xi¡¯an 20,50 36,59
Provinz Gansu Lanzhou 45,00 25,75
Provinz Qinghai Xining 72,00 5,23
Aut. Gebiet Ningxia der Hui-Nat. Yinchuan 6,64 5,63
Uig. Aut. Gebiet Xinjiang Ür¨©ˆmqi 18,76 18,76
Sonderverwaltungszone Hong Kong Hong Kong 0,1092 6,67 (Mitte 2000)
Sonderverwaltungszone Macao Macao 0,0024 0,44 (Mitte 2000)
Provinz Taiwan   3,60 22,28 (Ende 2000)





Harbin - Der Kühlschrank Chinas oder:
Augen auf beim Fahrkartenkauf!

Harbin mit seiner russischen Vergangenheit und dem Ruf die kälteste Großstadt Chinas zu sein, hat mich von Anfang an gelockt und es war nur eine Frage der Zeit wann ich dort hinfahren würde. Harbin liegt in der Provinz Heilongjiang und ist Chinas 5. Größte Stadt mit über 4 Millionen Einwohnern.

Die Hauptattraktion für Touristen ist vermutlich das jährliche Eis- und Snow-Festival, wenn in Parks und auf Straßen riesige Skulpturen aus Eis oder Schnee geformt werden. Klingt toll? Ist auch beeindruckend, wenn, ja wenn, da nicht eins von Chinas größten Problemen sich deutlich niederschlagen würde: SMOG. Und davon gibt es in Harbin mehr als in vielen anderen Städten. Auf Grund der extremen Temperaturen wird überall kräftig geheizt und das zum größten Teil mit billiger, schlechter chinesischen Kohle. Über der ganzen Stadt liegt ein Schleier von dünnen, schwarzen Rußpartikeln. So auch auf den bombastischen Eisskulpturen...



Nach dem ich am Bahnhof angekommen bin, und die Schlange am Fahrkartenschalter gesehen habe, dachte ich mir, das es in Anbetracht der anstehenden "Spring-Festival-Ferien" wohl besser ist, wenn ich mir gleich meine Rückfahrkarte kaufe. In der Regel sind zwischen dem 15 Januar und dem chinesischem Neujahrsfest keine Fahrkarten mehr zuhaben, da ganz China unterwegs ist - und das bevorzugt mit der Bahn. Also anstellen...


(alles aus Eis gefertigt!)

Nach zwei Stunden hatte ich es dann geschafft. Voller Stolz hielt ich eine Rückfahrkarte nach ChangChun in der Hand. Die einzigen freien Plätze waren nur noch im Schlafwagen. Deshalb musste 80 RMB anstelle der 35 RMB für die Hinfahrt zahlen. Und das für eine Strecke von ca. 4 Std. und einer Abfahrtzeit von 17:00 Uhr. Aber was sollst, besser als zu Fuß gehen.

Das habe ich nämlich dann gleich als nächstes getan: 1 1/2 Stunden bin ich rund um den Bahnhof gelaufen auf der Suche nach meinem Hotel. Das Hotel war auf der Karte "direkt" neben dem Bahnhof eingezeichnet, allerdings ohne einen Straßennamen anzugeben. Leider haben diese Pläne in der Regel nichts mit der Realität gemeinsam: Wo eine Straße auf dem Plan ist sind in Wirklichkeit drei, vier oder fünf Straßen! Nach langem Suchen bin ich dann in eine Bank gegangen und habe die Kassiererinnen gefragt ob sie das Hotel kennen. Es musste gleich um die Ecke sein. Nach mehreren Telefonaten hat man mir dann erklärt es sei zu weit um zu Fuß dorthin zu gehen. Also ist eine der netten Damen mit mir raus, hat ein Taxi gerufen und dem Fahrer gesagt wo ich hin wollte.



Dieser wollte mich aber nicht dort hinfahren, da er meinte es sei gleich um die Ecke, ich bräuchte kein Taxi... Er hat dann nur auf eine kleine Gasse gezeigt und gesagt dort müsste es irgendwo sein. Also bin ich wieder los gestiefelt und siehe da: mein Hotel. Als "Belohnung" für die umständliche Suche habe ich dann im Hotel einen guten Deal ausgehandelt. Da angeblich kein "Schlafsaal"-Dreierzimmer mehr frei war, habe ich ein Doppelzimmer zum Preis vom Dreierzimmer bekommen. Der einzige Nachteil war, das anscheinend alle Heizungsrohre des Hotels durch dieses Zimmer liefen und es dem entsprechend heiß war. Beim Minus 20 Grad Celsius habe ich mit offenem Fenster geschlafen!



Nachdem die ganzen Formalitäten erfolgreich erledigt waren, konnte ich mich dann die nächsten drei Tage ganz dem Sight-Seeing witmen. Entgegen der Meinungen der meisten, Harbin wäre nur eine "Eintagesreise" wert, habe ich in 2 1/2 Tagen nicht alles geschafft was ich sehen wollte.



Die russischen Einflüsse sind immer noch überall deutlich zu sehen und bieten eine schöne Abwechslung zur 50. Jahre chinesischen Einheitsarchitektur. Ein Spaziergang über einen auf gut 300m Breite zugefrorenen Fluss war auch eine interessante Sache. Vor allem, da es eine Stelle gab, wo die Eisdecke noch nicht ganz gefroren war und ein paar geschäftstüchtige Chinesen eine Brücke aufgestellt haben und Wegegeld kassiert haben. 1 RMB, allerdings haben sie immer nur in eine Richtung kassiert...

Als dann am Freitag Abend die Stunde der Rückfahrt sich näherte bekam ich einen leichten Schweißausbruch: Da ich wußte wann ich zurückfahren wollte (Freitag, der 17.01.03, ca. 17:00) hatte ich seit dem Kauf der Fahrkarte nicht mehr aufs Ticket gesehen. Und jetzt, als ich vor der Eingangshalle des Bahnhofes stand und mein Ticket raus kramte, da fällt mir doch tatsächlich auf was wirklich auf dem Ticket stand: 03-01-15, 17h10. (chinesische Schreibweise des Datums ist: Jahr - Monat - Tag)



Wie, was, das kann nicht sein! Ich habe der Ticket-Lady doch genau aufgeschrieben was ich wollte. 17-01-03 ~ 17:00h from Harbin to ChangChun. Aber aus irgendeinem -mir unerklärlichem Grund- hat sie mir ein Rückfahrkarte für den selben Tag verkauft, an dem ich angekommen bin: Mittwoch, der 15.01.03.

Was tun? Ich wollte zum einem nicht die 80 RMB zum Fenster rauswerfen, mich wieder 2 Std. am Schalter anstellen, eine Nacht länger in Harbin bleiben und meine Verabredung am nächsten Vormittag absagen. Also hilft nur ein: den Ausländer-Bonus einlösen, auf 100% dumm stellen und irgendwie versuchen in den Zug zu kommen. Der Rest regelt sich dann schon von selbst...



Also Ticket in die linke Hand, so das die Finger schön das Datum verbergen und nur die Zug-Nr. und Uhrzeit zeigen. Erste Kontrolle gleich am Eingang des Bahnhofes. Null Problem, hier achten sie eigentlich nur darauf, das man sein Gepäck durch die X-Ray-Maschinen schiebt. Die zweite Kontrolle war auch kein Problem, da sie hier nur kontrollieren in welchem Wartesaal man gehen darf: In Harbin gibt es vier unterschiedliche Wartesäle für den selben Zug: 1) Luxury Passangers, 2) Mothers & Children, 3) Soldiers und 4) Ordinary Passangers.

So weit so gut. Jetzt war ich zumindest schon mal an den ersten Kontrollen vorbei und musste mich nur noch mit der Masse durch die Fahrkartenkontrolle schieben, wenn der Bahnsteig geöffnet wird. Und das dachte ich sei am einfachsten, da simultan 500 Personen durch das selbe Nadelöhr drücken und der Kontrolleur "nur" abstempelt.



Jetzt geht's los. Rein ins dickste Gewühl und schnell durchdrücken... und Stempel und schnell weiter... aber nein, kurz bevor der Stempel auf meine Fahrkarte sauste viel dem Kontrolleur auf, das das Datum verkehrt ist. Oooo je oooooooooo je...

Also dumm stellen mit einem großem Lächeln ist angesagt. Aber das scheint den Schaffner nicht sonderlich zu beeindrucken. Da aber keiner Englisch konnte hatte ich immer noch den "Ich verstehe nicht" Vorteil. Nun wurde der Vorgesetzte geholt, der die ganze Sache schon etwas lockerer sah, nach dem er erst ein Mal ein wichtiges Gesicht gemacht hat, ich ihm erklärt habe das ich Lehrer in ChangChun bin und dringend zurück müsste. Da er nichts verstand und ich natürlich so getan habe als ob ich ihn nicht verstehen würde (ich vermute ich habe noch nie soviel Chinesisch verstanden wie in diesen 10 Minuten) hat er dann seine nette Seite rausgekehrt und gesagt ich soll einfach mal mitkommen.



Also bin ich mit Ihm auf den Bahnsteig gegangen, wo er erst zu dem einen, dann zu dem nächsten Schaffner geredet hat. Der erste wollte mich aber nicht in seinem Abteil haben. Der zweite sagte dann ein zwei mal "de guo ren, de guo ren" (deutscher, deutscher), lächelte und meinte ich solle einsteigen, könnte aber nur einen Stehplatz für die 4 Stunden-Fahrt nach ChangChun haben. Auf ein Mal habe ich fließend Chinesisch verstanden! Er hat mir dann noch erklärt ich solle meine verkehrte Fahrkarte keinem zeigen. Ich müsste dann vermutlich nur 10 oder 20 RMB zahlen...

Kaum war ich im Zug waren meine zwei netten Schaffner verschwunden und ein neuer Schaffner kam. Oh je, jetzt geht das schon wieder los. Ich habe ihm versucht zu erklären, das der Schaffner an der Tür mein Ticket genommen hätte. Er wollte dann das ich ihm den Schaffner zeige, konnte ich aber nicht, da er weit und breit nicht zu sehen war. Ich dachte mir ich muss einfach nur versuchen so lange den Schaffner zu belabern, bis der Zug fährt.



So war es dann auch. Zwischenzeitlich kam noch eine nette Chinesin vorbei, die ein zwei Brocken Englisch konnte und hat versucht zu übersetzten: Where is your ticket? You need a ticket. Und so weiter. War mir natürlich alles nichts neues. Leider konnte sie nicht genügend Englisch um meine Antworten zu übersetzen.

Als der Zug dann erst ein mal fuhr hat der Schaffner mir eine Fahrkarte für 20 RMB gegeben und meinte ich müsste aber in die Hart Seat Klasse (vergleichbar mit zweiter Klasse) gehen und mir dort einen Stehplatz suchen.

Die Hart Seat Großraumabteile waren natürlich brechend voll und alle Stehplätze waren schon lange verkauft. Also habe ich mich irgendwo auf den Gang gestellt und gelesen, bis mich vier Chinesische Studenten angesprochen haben. Kaum waren die ersten dt. Fußballspieler Namen ausgetauscht, da haben sie mir schon ihren Sitzplatz angeboten. Einer meinte er hätte eine 60 Std. Zugfahrt vor sich, da könnte er gut 1-2 Std. stehen...



Ein Schaffner der Zeitschriften im Zug verkauft hat sich dann noch zu uns gesellt und ungelogen 1 Stunde neben mir gestanden ohne ein Wort zu verstehen oder eine einzige Zeitschrift verkauft zu haben. Er hat sich so gefreut, wenn er hier und da Kahn, Beckenbauer oder Barak (oder wie heißt der Kerl???) verstanden hat, das er es wohl interessanter fand als Zeitschriften zu verkaufen.

Resümee: Mal wieder ein typisches Beispiel für chin. Gastfreundschaft und die chin. Ehrfurcht vor der dt. National-Elf!




Rezept der Woche

Seidenraupenlarven nach Hausfrauen-Art

Wichtige Information
Dieses Rezept ist von der Redaktion persönlich eingekauft, zubereitet und gegessen worden (natürlich alles unter einheimischer Anleitung) und hat das Prädikat „besonders lecker“ bekommen!



Zutaten:
Ein gutes Pfund Seidenraupenlarven (unbedingt darauf achten, das die Larven noch leben!***)
einen Wok (oder Fristöse)
ausreichend Öl, das die Larven mindestens zu 2/3 im Öl schwimmen

Zubereitung:
Die Larven unter fließendem Wasser gründlich waschen (darauf achten, das der „Panzer“ nicht beschädigt wird) und dann mit Zewa gut abtrocken
Das Öl im Wok stark erhitzen und die Larven knusprig braten, bis sie eine gold-braune Farbe erhalten und das Fleisch schön zart ist. (ca. 5 Min.)



Und schon hat man eine knusprige Beilage die jeden Gast erfreut. Zum Verspeisen muß man nun nur noch den Kopf abdrehen und den Panzer dann auslutschen. Vorher noch darauf achten, daß man das kleine schwarze Teil in der Larve (sieht aus wie ein Mini-Scorpion und ist sehr hart) nicht mit ißt.



Eine köstliche Variation des Gerichtes besteht darin, daß man die Larven aufspießt und kurz grillt!

***Am besten kann man testen ob sie noch am Leben sind, indem man kurz auf den Kopf der Larven tipt. Bewegt sie sich darauf hin nicht ist sie bereits tot. Aber keine Sorge, man kann auch bedenkenlos die toten Larven essen. Der einzige Unterschied ist, das die toten Larven wesentlich weniger Proteine haben als die lebend gekochten!


Auch diese Woche gibt es wieder zwei neue nützliche Vokabeln:

Lektion # 9



(falls man es nicht richtig gut lesen kann:
links ist ein Beispiel für „tall“ ; rechts ist ein Beispiel für „low“)


Die Schülerin der Woche:
(diese Rubrik gibt‘s auch in den Ferien!)



Edwina ist die einzige meiner Schülerinen, die ich bis jetzt noch nicht vorstellet habe. Sie ist als vorletzte zu Eagle College gekommen, da ihr Eltern ihr verboten haben weiter auf die Schauspielschule zu gehen. Nachdem mehrere Bekannte und Nachbarn ihren Eltern erzählt haben wie schlimm es auf den Schauspielschulen ist (Drogen, Prostitution) haben ihre Eltern ihr kurzerhand das Schauspielstudium verboten.

Edwina ist eine meiner Lieblingsschüler, da sie trotz ihrem prinzipiellen Desinteresse an einem Business-Studium, am kontinuierlichsten am Unterricht teilnimmt. Vor allem bei Themen wie "Love & Marriage", Sex, Generation Gap, etc. kommt das meiste Feedback von ihr. Ihre Eltern haben ihr verboten einen Freund zuhaben bevor sie 26 ist, oder eine abgeschlossene Ausbildung hat. Den Freund den sie seit über einem Jahr hat mögen ihre Eltern nicht und haben ihr verboten ihn weiterhin zu sehen. Sie wissen natürlich nicht, daß er sie jedes Wochenende von der Schule abholt... Soviel zu elterlichen Verboten oder "gut gemeinten" Ratschlägen.

Als ich vor ein paar Wochen mal wieder gefragt habe, mit viel Jahren die meisten Chinesen ihres Alters das erste Mal Sex haben kamen wir vom Stöckchen aufs Hölzchen und zu guter letzt zur Verhütung. Natürlich wußte keiner wann ihre Freunde das erste Mal Sex hatten oder haben werden oder wollen oder würden, oder oder oder ... aber als ich ihnen den Rat gegeben habe nicht die Kondome aus den Kondomautomaten auf der Straße zu benutzen wurde Edwina, sowie Nick & Martina, doch etwas interessierter und alle wollten wissen: "Why???"



Ganz einfach warum ich sie nicht verwenden würde. Kondome sind aus Gummi. Gummi ist in der Regel nicht besonders Hitze und Kälte verträglich und kann leicht brüchig werden. Ich erklärte Ihnen, daß ich mir nicht vorstellen kann, das bei vier bis sechs Wochen mit sommerlichen Temperaturen um die plus 40 Grad und einem langen Winter mit durchschnittlich minus 15 Grad (ganz zu schweigen von den Nächten mit bis zu minus 30 Grad) das den Kondomen besonders gut tut. Wer weiss wie lange sie in den Maschinen sind. Sie Automaten werden auch kaum beheizt sein...

Natürlich habe ich nicht die geringste Ahnung ob meine ganz private Kondom-Theorie so richtig ist, aber es hat die Schüler zumindest zum nachdenken gebracht!

Um sie nicht ganz verzweifelt zu lassen, habe ich Ihnen gesagt, daß es ja auch Kondomautomaten in Discotheken oder dem einem oder anderem Sex-Shop gibt (ja, ihr habt richtig gelesen: SEX-SHOP --> Dildos, Vibratoren, Gleitmittel, etc. werden nicht nur in China hergestellt, sondern auch gelegentlich verkauft!). Auf den westlichen Klassiker für die Kondombeschaffung (nein, ich meine nicht den Kassenbereich in einem Supermarkt), der aber vermutlich für die meisten Jugendlichen eher ein Alptraum ist, eine Apotheke, bin ich in dem Moment nicht gekommen.

Aber zurück zu Edwina. Abgesehen von der Tatsache, das sie vermutlich neben Raymond & Lisa, die strengsten Eltern in der Klasse hat (hohe Politbüro-Funktionäre wurde mir gesagt), viel lieber Schauspielerin werden würde und einen Freund hat, ist sie eine typische 19jährige Tochter von "neureichen" oder wohlhabenden und einflussreichen Chinesen: teures Mobiltelefon in einer Teddybär-Tasche, Britney Spears, Coco Lee & Backstreet Boys Fan, verbringt jede freie Minute die sie nicht mit ihrem Freund sich verstecken kann in einem Chat-Room im Internet.

Trotzdem ist sie einwenig anders als die anderen drei Schülerinnen in meiner Klasse. Ich glaube sie ist die erwachsenste, verantwortungsbewussteste in der Klasse, die neben Orient am wahrscheinlichsten es schaffen wird ein Studium oder Job im Ausland zu finden. Wobei sie immer ganz klar sagt, das sie nur zum studieren / Geld verdienen ins Ausland will. Danach will sie auf jeden Fall wieder zurück nach China. Das unterscheidet sie vielleicht auch von den anderen Schülern: Sie mag westlichen Life-Style aber findet nicht gleichzeitig alles chinesische doof, alt oder langweilig.


Der Lehrplan der letzten Woche
Entfällt auf Grund von Ferien!!!


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W e t t e r b e r i c h t

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Das Fundstückder Woche

(Verpackung eines Vorhängeschlosses)


Leserbrief der Woche:

Hier ein Auszug aus einem Leserbrief einer Leserin von der in der Vergangenheit schon mal eine Einsendung „abgedruckt“ wurde:

„Insgesamt finde ich den Berichtton nun viel angenehmer, die Schärfe ist weg, die Leute wirken sympathischer. Auch die Auswahl der "guten" Frauen wirkt auf mich nun so, dass ich das auch anerkennenswert finde, was über sie berichtet wird. Sehr interesssant fand ich die Nebeninformation bei der Ärztin, dass offensichtlich auch in China die Ärzte mit privaten Geschenken beeinflusst werden. Ich kenne das aus dem gesamten ehemaligen Ostblock, wie auch aus allen Entwicklungsländern. Vielleicht haben Sie auch schon gehört, dass auch Lehrer in China in dieser Art und Weise beeinflusst werden.“

 

Zum Thema „Beeinflussung“ der Lehrer kann ich persönlich noch nichts berichten. Das soll aber nicht heissen, das auf die Schule im allgemeinem kein Einfluss von Eltern ausgeübt wird. Unsere Schüler können zum Beispiel nicht am Jahresende „durchfallen“, da ein Anruf von Daddy genügt... Überhaupt wenden sich unsere Schüler gerne bei Problemen an ihre Eltern, die dann wiederum in der Schule anrufen und so werden Ferientermine mehrfach hin und her geschoben, Prüfungstermine verschoben oder ähnliches.

Auch haben Schüler erzählt, das die Sitzplätze in chinesischen Klassen vom Lehrer vergeben werden und das man sich deshalb bei ihnen immer besonders beliebt machen muss, wenn man in einer Klasse mit 60 bis 80 Schülern weiter vorne sitzen will...




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Hier gibt es noch Kopien der „vergriffenen“ Ausgaben...

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